So sehr das abendländische Ambiente, so sehr das kulturelle und wirtschaftliche Erbe des sogenannten Westens ausgehöhlt wirkt und wir einem Abgrund entgegentaumeln, von dem wir nur noch nicht wissen, wie tief er ist, so verdreht nimmt sich in diesem Zusammenhang das Diktum von neuer und alter Welt aus, das jene im Munde führen, die sich nach destruktiven Kräften mühen, den Niedergang noch zu beschleunigen. Gerade so, als würden sie selber nicht mit in den Abgrund gerissen, wenn das ganze Land, wenn eine gesamte Wirtschafts- bzw. Lebensform kollabiert. Doch sie vermeinen, siegreich der von ihnen „Transformation“ getauften Kalamität zu entrinnen und am Ende sogar zu triumphieren, indem es ihnen gelingen werde, die verhasste alte Welt in eine neue zu überführen, eben zu transformieren.
Doch einmal abgesehen davon, dass es mindestens Verwegenheit zu nennen ist, sich als Koordinator eines solch enormen Zerstörungswerks zu betätigen, dessen implodierende Energie schlichtweg unkalkulierbar ist, macht auch ein elementarer Denkfehler das forsche Kalkül zunichte, indem die vermeintlich so neue Welt, die sie da auf den Trümmern der alten Welt errichten wollen, tatsächlich alles andere als neu ist. Sämtliche Versatzstücke ihrer transformatorischen Zielvorstellungen weisen dem fanatischen Gestus nach ins 20 Jahrhundert zurück, im Kern jedoch siedeln sie im und vor dem 19. Jahrhundert.
Neu ist mithin ganz und gar nichts daran, sondern es handelt sich um uralten Wein, der da in neuen technologischen Schläuchen kredenzt wird. Und aus diesem gedanklichen Gerümpel, das weiland schon in Moskau und Berlin, in Rom und noch früher auch in Paris nicht prosperiert, sondern Blutseen ozeanischen Ausmaßes produziert hat, aus solchem mottenzerfressenen Gedankengewese soll jene neue Welt erwachsen, die uns alle ärmer, aber glücklich macht? Man könnte sich darüber amüsieren, wenn es nicht so unendlich einfältig und derb daherkäme. Eines immerhin lässt sich klar erkennen: diejenigen, die derlei betreiben und ihren elenden Vorteil darin finden wollen, sind dem sicheren Untergang geweiht. Denn entweder gelingt ihnen die Zerstörung der alten Welt, dann müssen sie selbst als eine ihrer ältesten Verkörperungen im Feuersturm ganz ebenso verbrennen. Oder aber das Abendland entgeht den Brandanschlägen und entwickelt sich aus freien Stücken und innerem Vermögen doch noch in eine wirkliche neue Welt: dann zerfallen, um es im Bild zu sagen, jene Befürworter der Knechtung und Lenkung von Menschenmassen, des Entindividualisierens lebendiger Seelen und der elitären Perfidie im Strahlenglanz menschlicher Entfaltung und geistiger Entfesselung zu Staub.
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