Wisse Bürgerin, wisse Bürger, dass du noch immer
Voll bist des Hasses. Nicht hast du dich selbst,
Nicht Grund und Folge deiner Taten erfasst. Nicht
Bist du frei, erlöst gar vom Mord: immer noch gären
Wut und Trauer, quillt aus schwärzlichem Schlot
Deiner Feigheit Rauch; genährt ist das Feuer
In dir durch Missgunst, Habgier und Neid. Sprich nicht
Von Trauer und Wut, wo lodernder Hass ist.
Weißt du nicht, Bürgerin, Bürger, weißt nicht
Wer deine Großeltern einst waren? Getragen und
Blind von Hass, wissen wir jetzt. Aber weißt du auch,
Was sie glaubten? Dass sie doch nur nach Gesundheit
Verlangten, nach Erlösung vom der Entartung
Untergehakter, natürlicher, völkischer Lust?
Weißt, wie sehr Hass und Eigenliebe sich paarten?
Damit Kindern eine bessere Welt winken würde?
Wisse Bürgerin, wisse Bürger: Der Tod der Juden
Ist ungesühnt, muss ungesühnt bleiben. Nicht kann
Vergeben, ja gesühnt werden, wenn der Täter noch hasst.
Und glaube mir, Enkelin, Enkel: Er hasst in dir fort.
Immer noch gierst du wie damals, den Verderber zu finden.
Beseitigen willst du wie damals, vernichten. Im Namen
Kranker Natur sprichst du heute, vermeintlich zu rettender
Welt, feige ummäntelnd deine Lust auf Gewalt.
© 2022 alexander hans gusovius
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